Haushalt 2020 der Stadt Bad König: CDU und SPD beschließen vermeidbare Steuer- und Gebührenerhöhungen
In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 30.01.2020 wurde der Haushalt 2020 der Stadt Bad König mit den Stimmen von CDU und SPD mehrheitlich beschlossen. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und ZBK haben dem nicht zugestimmt. Unsere Gründe hierzu möchten wir Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, in diesem Infoblatt erläutern:
Zum einen bestand seitens CDU und SPD kein Interesse daran, sich ernsthaft und sachlich mit unseren Anregungen zum Haushalt zu beschäftigen. Dies zeigt schon die Art und Weise, wie die fest auf den 27.01.2020 terminierte Sitzung der den Haushaltsentwurf vorberatenden Ausschüsse handstreichartig auf den 22.01.2020 vorverlegt wurden. Die Ausschussvorsitzenden Svenja Siehndel (CDU), Jürgen Pawlik (SPD) und Bernd Gottschalk (SPD) haben die Vorverlegung kurzfristig beschlossen, ohne unsere Ausschussmitglieder darüber rechtzeitig zu informieren. Hier zeigen sich wieder Parallelen zu alten, nach der Wahl von Axel Muhn zum Bürgermeister überwunden geglaubten Zeiten: Ausgrenzung sachlicher Kritik statt gemeinsamer, konstruktiver Zusammenarbeit zum Wohle der Gemeinschaft. Unsere Fraktion hatte unter Beachtung des festgelegten Termins der gemeinsamen Ausschusssitzung zuvor in mehreren Gesprächsrunden sowie einer Klausurtagung am 26. Januar über den Haushaltsentwurf beraten.
Unsere Änderungsanträge zum Haushalt, die wir dadurch erst in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung stellen und begründen konnten, wurden dort abgelehnt. Auch auf unsere Nachfragen, weshalb trotz deutlicher Haushaltsüberschüsse in den letzten vier Jahren überhaupt Steuer- und Gebührenanhebungen notwendig sein sollen, haben wir keine überzeugenden Antworten erhalten.
Was kommt daher nun auf Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, zu?
- Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer A und B von 490% auf 580%
- Anhebung des Hebesatzes der Gewerbesteuer von 385% auf 395%
- Anhebung der Kita-Gebühren
- Anhebung der Hundesteuer.
Übrigens: Die Steuererhöhungen betreffen alle Bürgerinnen und Bürger! Denn die Grundsteuer wird auf Mieter und die Gewerbesteuer wird auf die Kunden umgelegt.
Hier zwei Beispiele, wie sich die Grundsteuererhöhung in Ihrem Geldbeutel bemerkbar machen wird:
Eine Gewerbesteuererhöhung trifft die Selbständigen doppelt, sind die Firmen doch auch von der Erhöhung der Grundsteuer betroffen. Hatten wir in 2017 noch 1024 Firmen, die Gewerbesteuer zahlten, ist die Anzahl in 2018 auf 805 und in 2019 auf 627 gesunken. Diese Zahlen stehen krass gegen den Trend in Südhessen. Bad König macht hier Fehler, die Quelle Gewerbesteuer ist sensibel und schnell versiegt, was die Zahlen belegen. Durch falsches Handeln sind bereits Firmen abgewandert oder scheuen Investitionen. Wer glaubt, mit einer Gewerbesteuererhöhung die dringend benötigten Investoren für das neue Gewerbegebiet an der B 45 finden zu können, der dürfte sich irren.
Zudem werden für dieses Jahr erstmals wiederkehrende Straßenbeiträge erhoben. Auch wenn die genauen Kosten für die Hauseigentümer noch nicht feststehen, sind damit weitere Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger verbunden.
Ursprünglich sollte die Grundsteuer sogar noch viel stärker – auf 660%! – steigen. Die in den Ausschuss-Sitzungen am 22.01.2020 von CDU und SPD beschlossenen „Einsparungen“, mit denen diese Grundsteuererhöhung zumindest „abgemildert“ wurde, sind unserer Meinung nach nicht sinnvoll:
- Die vorgesehenen Mittel für die Brückeninstandhaltung wurden gekürzt. Dabei reicht selbst der ursprüngliche Ansatz von 102.000 € nicht einmal aus, um die von einem Gutachter als „dringend notwendig“ bezeichneten Maßnahmen umzusetzen.
- Der ohnehin unzureichende Haushaltsansatz für die Straßeninstandhaltung wurde noch weiter reduziert auf 70.000 €.
- Weitere 100.000 € wurden durch eine Verschiebung der planmäßigen Revisionsarbeiten in der Therme „gespart“. Abgesehen davon, dass damit Kosten nur in die Zukunft verschoben werden, halten wir diese Maßnahme für bedenklich.
Folgende sicherheitsrelevante Bedenken sind mit dieser nicht zielführenden Verschiebung verbunden:
- Die Kurgesellschaft hat bislang alle zwei Jahre eine Revision durchgeführt. Wenn das jetzt erst nach drei Jahren erfolgt, besteht das Risiko, dass Wasser-Reinheitsvorschriften nicht mehr eingehalten werden können. Die damit BEWUSST riskierte Minderung von Hygiene- und vor allem Wasserqualität sehen wir auch im Hinblick auf den Erhalt des Prädikats „Bad“ äußerst kritisch.
- Durch die Verschiebung der im Rahmen der Revision vorgesehenen Grundreinigung steigt das Risiko von Personenschäden. Damit werden BEWUSST Verletzungs- und Unfallrisiken für Besucher und Mitarbeiter eingegangen.
Ohnehin halten wir es nicht richtig die Kurgesellschaft immer noch für den größten Teil der Haushaltsprobleme der Stadt verantwortlich zu machen. Unter der Geschäftsführung von Herrn Eger fielen die Ergebnisse in den Jahren 2018 und 2019 deutlich besser aus als in den Wirtschaftsplänen veranschlagt. Belastungen durch ungünstige Getränkelieferverträge und zu teure Kreditfinanzierung sind Altlasten, für die Herr Eger nicht verantwortlich ist.
Wesentlich wichtiger und für die Zukunft ertragsbringender wäre es, das in diesem Jahr mögliche Sonderkündigungsrecht für den Thermenkredit zu nutzen. Sie können sich sicher vorstellen, dass ein Anschlussdarlehen mit einem deutlich günstigeren Zinssatz verhandelt werden kann als bei dem in 2010 abgeschlossenen Darlehensvertrag mit 4,95%. Weitere erhebliche Einsparungen wären möglich durch eine Laufzeitverlängerung, was den jetzt von der Stadt zu leistenden Ausgleichsbetrag von über 500.000 € pro Jahr (2021: 506.000 €, 2022: 539.000 €, 2023: 569.000 €) deutlich verringern würde.
Hauptverantwortlich für die finanzielle Misere der Stadt sind, wie bekannt, das über viele Jahre katastrophale Forderungsmanagement und die unprofessionelle Abwicklung von Baumaßnahmen – nur beispielhaft sind hier die Straße nach Momart, der Neubau der Feuerwache im Kinzigtal sowie die Hans-Neidig-Halle zu nennen, bei denen viel Geld verschleudert wurde.
Die jetzt im Haushalt veranschlagten Baumaßnahmen halten auch wir für richtig. Doch sind wir davon überzeugt, dass die jetzt dafür bereitgestellten Gelder zu hoch angesetzt sind, da viele der geplanten Maßnahmen in diesem Jahr nicht abgeschlossen werden können. Deshalb hatten wir vorgeschlagen, die sehr hoch erscheinenden Mittelansätze auf das in diesem Jahr tatsächlich erforderliche Maß zu beschränken. Denn für Gelder, die zunächst nicht benötigt werden, brauchen wir keine Grund- oder Gewerbesteuer zu erhöhen. Über Quartalsberichte werden wir die tatsächlichen Zahlen erhalten. Wir werden Sie darüber informieren.
Wir freuen uns, dass der Haushalt 2020 – wie von uns jahrelang erfolglos gefordert – relativ früh vorgelegt worden ist und beraten werden konnte. Hoffentlich scheitert dessen Genehmigung nicht an der geplanten deutlich steigenden Kreditaufnahme, die mit rund 9,6 Mio. € dreimal so hoch veranschlagt ist als noch im Vorjahr.
Echte Einsparungen könnten aber durch eine regelmäßige Überprüfung, Kündigung und Neuausschreibung, beispielsweise der Energie- und Wärmelieferverträge für die Stadt, erfolgen. Das macht jeder Privathaushalt so. Verträge wie bei der Straßenbeleuchtung mit 25 Jahren Laufzeit und unmoralischen Vertragsbestandteilen darf es nicht mehr geben.
Interessant ist auch ein kurzer Rückblick auf die vergangenen Jahre:
Erinnern Sie sich noch an den Satz „Die Stadt hat kein Geld; wir müssen sparen“? Das war die ständige Einleitung der Haushaltsreden der letzten Jahre, stets nachgesprochen von den Fraktionsvorsitzenden Roger Nisch (SPD) und Martin Bereiter (CDU).
Die tatsächlichen Jahresergebnisse zeigen aber:
2016 wurde ein Überschuss von 1,585 Mio. € erzielt!
2017 wurde ein Überschuss von 1,059 Mio. € erzielt!
2018 wurde ein Überschuss von 1,801 Mio. € erzielt!
(Auch 2019 ist mit einem deutlichen Überschuss zu rechnen, das tatsächliche Ergebnis steht aber noch nicht fest)
Was bedeutet das nun?
Zum einen sind in den vergangenen Jahren durch Fehlplanungen Einnahmen viel zu niedrig und Ausgaben viel zu hoch veranschlagt worden. Zum anderen (noch viel schwerwiegender) hätte man mit diesen Überschüssen von insgesamt 4,4 Mio. € dringliche Investitionen durchführen können, die jetzt erst angegangen werden können. Durch nichts tun wurde Geld verschenkt. Kein Wunder, dass zehn, sogar 20 Jahre nichts in die städtische Infrastruktur investiert werden konnte. Das fällt uns jetzt auf die Füße. Die Verantwortung dafür tragen ganz wesentlich die Fraktionen von SPD und CDU, die diesen „Haushalten“ immer zugestimmt haben.
Wir freuen uns darauf, weiterhin für Sie eine ehrenamtliche, bürgernahe Kommunalpolitik im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger machen zu dürfen.
Stadtverordnetenfraktion Vorsitzender: Martin Schlingmann, Am Kalkofen 20, 64732 Bad König